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Ästhetische Schneidezahnrestaurationen nach zweifacher Spontanfraktur

Ein Unglück kommt selten allein

In diesem klinischen Fallbericht wird die prothetische Erstversorgung der 4 oberen Schneidezähne mit einem hochästhetischen Zirkoniumdioxid demonstriert.

Hufschmidt

Der 65-jährige Patient stellte sich erstmalig vor ca. 4 Jahren mit einem konservierend insuffizient versorgten Gebiss vor. Die Seitenzähne waren mit ausgedehnten und suboptimalen Amalgamrestaurationen versorgt und die oberen Frontzähne wiesen defekte und ästhetisch unzureichende großvolumige Frontzahnfüllungen auf (Abb. 1). Von den ausgedehnten Volumendefekten waren die labialen Aspekte der Zähne 12 bis 22 stark betroffen, weshalb die direkten Restaurationen nur mit ästhetischen Kompromissen angefertigt werden konnten. Bei neuen Patienten wurden standardmäßig aus forensischen Gründen und zur Dokumentation der Ausgangssituation neben dem Panoramaröntgen ein digitaler Fotostatus und Situationsmodelle vom Ober- sowie Unterkiefer hergestellt.

Hufschmidt
Abb. 1: Suboptimale Amalgamrestaurationen an den Seitenzähnen, Frontzahnfüllungen ästhetisch nicht ansprechend.

Nach etwa 3 Jahren stellte sich der Patient als Akutpatient mit einer unkomplizierten Kronenfraktur ohne Pulpabeteiligung vor (Abb. 2 und 3).

Klinisches Vorgehen

Auch in diesem Fall erwies es sich als sehr hilfreich, dass die Situationsmodelle und der zuvor verwendete Silikonschlüssel bei den Patientenunterlagen aufbewahrt wurden (Abb. 4). Für die Herstellung der provisorischen Versorgung konnte auf dem Situationsmodell des Oberkiefers eine Tiefziehfolie generiert werden (Abb. 5). Der durchgeführte Vitalitätstest des Zahnes 11 verlief negativ, sodass zuallererst eine Wurzelbehandlung mit anschließender Wurzelfüllung durchgeführt werden musste. Aufgrund der stark dezimierten Zahnhartsubstanz und der dadurch fehlenden Stabilität und Retentionsfläche wurde der Wurzelkanal zur Aufnahme eines konischen Glasfaserstifts (Komet) vorbereitet (Abb. 6) und dieser eingebracht (Abb. 7).

Der adhäsiven Insertion des Glasfaserstiftes folgte der adhäsive Stumpfaufbau mit lichthärtendem Composite. In weiterer Folge sollte der so vorbehandelte Schneidezahn mit einer vollkeramischen Krone prothetisch versorgt werden.

Der Stumpfaufbau wurde nun zur Aufnahme einer Krone anatomisch reduziert, eine ausgeprägte Hohlkehle präpariert und der materialspezifische Substanzabtrag über 2 Silikonschlüssel visualisiert und kontrolliert (Abb. 8 und 9). Unter Berücksichtigung der biologischen Breite wurden die Präparationsränder epigingival platziert und nur dort leicht subgingival verlagert, wo die körperliche Fassung des Stumpfaufbaus dies erforderte. Im Anschluss wurde das Provisorium über eine Tiefziehfolie hergestellt und mit einem eugenolfreien provisorischen Zement befestigt (Abb. 10 und 11).

Das 2. „Unglück“

Doch wie der Titel dieses Fallberichts schon erahnen lässt, geschieht vieles im Leben völlig unverhofft. Während der provisorischen Behandlungsphase kam es auch an Zahn 22 zu einer spontanen Kronenfraktur (Abb. 12) und die zuvor am Zahn 11 durchgeführten Behandlungsschritte mussten aufgrund der gleichen Ausgangssituation jetzt auch am Zahn 22 identisch durchgeführt werden (Abb. 13).

Prothetische Behandlungsplanung

Durch die 2. Spontanfraktur wurden 2 Behandlungswege gedanklich durchgespielt. Es wurden die Versorgung der beiden frakturierten Schneidezähne mit 2 vollkeramischen Einzelkronen und die Neuversorgung der oberen 4 Frontzähne mit vollkeramischen Restaurationen argumentativ einander gegenübergestellt. Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile der beiden Behandlungswege fiel die Wahl auf eine prothetische Erstversorgung der oberen 4 Schneidezähne mit vollkeramischen Restaurationen.

Durch diesen Versorgungsweg konnten viele Aspekte berücksichtigt und langfristig gelöst werden. Zum einen konnten die labial sichtbaren Füllungsränder kaschiert werden. Zum anderen ist es möglich, ein vorhersagbares ästhetisches Behandlungsergebnis zu erreichen, da die 4 Frontzahnkronen von einem zahntechnischen Labor „aus einem Guss“ hergestellt werden können.

Die Herstellung sollte mit einem Zirkoniumdioxidmaterial mit hochästhetischen Eigenschaften erfolgen, sodass die Arbeit bei der Verblendung geringer ausfällt, da eine gute Grundtransluzenz schon „eingebaut“ ist. Hierbei fiel die Wahl auf IPS e.max ZirCAD Prime. Das Material kombiniert 2 Zirkoniumdioxid-Rohstoffe in einer Scheibe: 3Y-TZP-Zirkon mit hoher Festigkeit (1200 MPa Biegefestigkeit) im Dentinbereich und 5Y-TZP-Zirkon (650 MPa Biegefestigkeit) im Schneidebereich. Der stufenlose Farb- und Transluzenzverlauf in den Materialscheiben ist ein zusätzlicher Garant für hochästhetische prothetische Restaurationen.

Klinisches Vorgehen

Bei der Präparation wurde die Gingiva mithilfe von Retraktionsfäden vorsichtig verdrängt und die zirkulären Präparationsgrenzen wurden mit einer deutlichen Hohlkehle klar definiert (Abb. 14). Im Anschluss wurde das verblockte Frontzahnprovisorium über eine Tiefziehfolie hergestellt (Abb. 15).

Einen wichtigen Bestandteil einer prothetischen Versorgung stellt die provisorische Versorgung dar. Damit das Ergebnis möglichst perfekt wird, muss ein relativ großer Aufwand betrieben werden, da das Provisorium aus der Zahnarztpraxis alle ästhetischen, phonetischen und funktionellen Parameter berücksichtigt soll, um so die „äußere Hülle“ der angestrebten Kronenversorgung bestmöglich zu definieren. Dieser zeitliche Mehraufwand macht sich bei den folgenden Anproben und der Eingliederung der definitiven prothetischen Arbeit bemerkbar und bezahlt. Nach Darstellung des Präparationsrandes mittels Retraktionsfäden (Abb. 16) erfolgte eine klassische Abformung mithilfe eines individuellen Löffels und eines Polyethermaterials (Abb. 17). Vor der definitiven Abformung wurde noch die Zielfarbe der Restauration für das zahntechnische Labor definiert und fotodokumentiert (Abb. 18).

Prothetische Phase

Um alle Details der provisorischen Versorgung an das zahntechnische Labor zu übertragen, helfen sowohl die angefertigten Fotos der Lachlinie (Abb. 19 bis 21) als auch eine Alginatabformung der provisorischen Versorgung. Mit dieser Abformung stellt der Zahntechniker ein sogenanntes „Back-up“-Modell her und überträgt mit dessen Hilfe die für gut befundenen Schneidekantenpositionen und deren Länge mit einem Silikonschlüssel auf die definitive Arbeit (Abb. 22 bis 25).

Zur Realisierung eines möglichst naturgetreuen Zahnersatzes aus Zirkoniumdioxid wurden labial ein minimales Cut-back und eine anschließende individuelle Schichtung mit der Verblendkeramik IPS e.max Ceram durchgeführt (Microveneering). Die Abbildungen 26 und 27 zeigen das Ergebnis einer zahntechnischen Feinarbeit, welche auf effiziente Weise vorgenommen wurde.

Anprobe und definitive Eingliederung

Hufschmidt
Abb. 28: Einprobe der Restauration: Überprüfung der Protrusion.

Bei der Einprobe der fertiggestellten Restaurationen wurden verschiedene Parameter wie Passgenauigkeit, approximale und okklusale Kontaktareale, Funktionsbewegungen sowie Oberflächentextur und Lichtreflexionen beurteilt (Abb. 28).

Zur Reinigung und Vergrößerung der Stumpfoberflächen wurden diese mit Aluminiumoxidpulver abgestrahlt (Abb. 29). Anschließend wurden die vollkeramischen Restaurationen mit dem selbstadhäsiven Composite-Zement Speedcem Plus definitiv eingegliedert (Abb. 30).

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