Tumor-Operation und provisorische Versorgung
Die Operation erfolgte am 2. Oktober 2019 in der Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Münster. Mit dem Tumorgewebe mussten die Operateure das harte Gaumengewölbe und einen Teil der Nasenscheidewand entfernen. Das weiche Gaumensegel konnte dagegen erhalten werden. Als Erstversorgung nach der Operation erhielt der Patient eine Kunststoffschiene, die das Loch am Gaumen und die Zähne bedeckte. Eine Woche später wurde die Kunststoffschiene durch ersten, noch provisorischen Obturator (= ein Verschlusskörper, mit dem z. B. durch eine Tumoroperation entstandene Löcher geschlossen werden) ergänzt.
2. Operation und Anpassung des Obturators
Die mikroskopische Untersuchung des entfernten Tumorgewebes zeigte, dass sich noch Tumorzellen im Randbereich des entnommenen Gewebes befanden. Deshalb musste sich der Patient im November 2019 einer Nachoperation unterziehen. Der Obturator an der Kunststoffschiene wurde im Anschluss entsprechend angepasst. Die mikroskopische Untersuchung nach der zweiten Operation ergab glücklicherweise eine Tumorentfernung im gesunden Gewebe.
Strahlentherapie, Kariesprävention und Folgeerscheinungen
Wegen des aggressiven Tumorwachstums erhielt der Patient Anfang des Jahres 2020 eine Strahlentherapie. Zum Schutz der Zähne und Schleimhäute vor den Strahlenwirkungen* bekam er eine spezielle Schutzschiene, mit denen auch eine Fluoridierung möglich war. (Einbringung von hochdosiertem Fluoridgel in die Zahnschiene, die über die Zahnreihen gesetzt wird.) Die Fluoridierung führt der Patient bis heute fort. Die Bestrahlung führte durch Vernarbungen zu einer Einschränkung der Mundöffnung.
Funktionale und soziale Rehabilitation, berufliche Wiedereingliederung Da die natürlichen Zähne des Patienten gänzlich erhalten werden konnten, wurde eine Versorgung mit einer klammerverankerten Prothese zum Ersatz des Gaumengewölbes mit einem Obturator geplant.
Ab Juni 2020 waren die Strahlenfolgen so weit verheilt, dass eine endgültige Versorgung mit der geplanten Prothese möglich war. Ohne den Obturator würden alle Speisen und Getränke von der Zunge aus der Mundhöhle in die Nasenhöhle gedrückt werden und durch die Nasenöffnung nach außen laufen. Ein verständliches Sprechen wäre dem Patienten nicht möglich. Mit dem Obturator war dem Patienten wieder eine normale Nahrungsaufnahme und Aussprache möglich. Er nahm wieder an sozialen Aktivitäten teil und übt seither auch seinen Beruf wieder aus. Seit der Operation und Bestrahlung im Jahr 2020 ist der Patient von einem Wiederauftreten der Krebserkrankung verschont geblieben.
Die gesetzlich Krankenversicherten tragen die Kosten einer solchen Defektprothese derzeit nur in bestimmten Fällen
Aufgrund einer guten Mundhygiene ist es dem Patienten im Laufe seines Lebens gelungen, sämtliche Zähne einschließlich der Weisheitszähne zu erhalten. Daher ist nach den Kriterien der so genannten Festzuschuss-Richtlinie kein Befund gegeben, der eine Bezuschussung von Zahnersatz erlauben würde. Ein Zahnersatz ist im eigentlichen Sinne auch nicht erforderlich, wohl aber Halteelemente an den Zähnen, um den Obturator zu verankern.
Ein solcher Obturator würde von den gesetzlichen Krankenversicherungen an sich übernommen werden, allerdings mit der Einschränkung, dass diese Kostentragung nur dann erfolgen kann, wenn ein zahnärztlicher Befund der Gruppen 3 oder 4 vorliegt (sog. Kombinationspflicht). Das bedeutet, die Leistung erfolgt nur dann, wenn so viele Zähne fehlen, dass ein neuer, herausnehmbarer Zahnersatz hätte angefertigt werden müssen – unabhängig von einer Tumoroperation. Der Patient hatte jedoch gerade aufgrund seiner hervorragenden Mundhygiene und den Erhalt seiner Zähne paradoxerweise keinen Anspruch auf Unterstützung durch die gesetzliche Krankenversicherung.
Weiteres erfahren Sie im Event-Bericht zur Pressekonferenz.
Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e.V.
* Zu den unerwünschten Effekten der Strahlentherapie gehören eine vorübergehende Entzündung der Mundschleimhaut (=Mucositis), eine oft dauerhafte Mundtrockenheit (=Xerostomie), eine Vernarbung von Muskelgewebe mit Einschränkungen der Mundöffnung, ein deutlich erhöhtes Kariesrisiko und ein erhöhtes Risiko für lokale Infektionen des Knochens, welche unter Umständen weitere Operationen erforderlich machen.
Keine Kommentare.